Schon sehr lange habe ich den Wunsch gehegt, den grenzüberschreitenden Europamarathon in Görlitz bzw. Zgorzelec zu laufen. Es ist natürlich nicht gerade um die Ecke, aber mit dem Zug sehr gut erreichbar: in Darmstadt eingestiegen in den ICE direkt nach Dresden, dort dann in den Regionalexpress bis nach Görlitz (einige Regionalexpresszüge fahren dann noch weiter nach Wroclaw, das dauert gerade mal noch zwei Stunden! Und da ist im September auch ein Marathon....).
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Zwischenhalt in Bautzen, auf sorbisch Budysin |
In Görlitz angekommen, bin ich gleich mal von dem wunderschönen Bahnhof begeistert, der ein bisschen an meinen Heimatbahnhof Darmstadt erinnert - auch eine wunderschöne Decke!
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Hier kommt man doch richtig gerne an! |
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Der Weg zum Hotel, dem "Alt-Görlitz" ist nicht weit, das Hotel ist erst vor einem Jahr eröffnet worden und liegt nahe der Innenstadt in einer ruhigen Strasse. Kaum angekommen, mache ich mich auch schon auf Entdeckungstour durch Görlitz. Gleich um die Ecke ist der Postplatz, der mit diesem schönen Brunnen einen wunderbaren Anblick bot. Dieser Brunnen, die "Muschelminna", wurde 1887 als Kunstbrunnen eingeweiht und galt als schönster Brunnen Schlesiens. 1937 wurde der Originalbrunnen, der aus Bronze bestand, eingeschmolzen für die Waffenindustrie. Aber zum Glück wurde 1994 eine Replik geschaffen und so hat Görlitz diesen wunderbaren Brunnen mit der "Minna" wieder, die die Natur symbolisiert - sehr überzeugend, wie ich finde!
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Die Muschelminna auf dem Postplatz |
Weiter ging es auf Erkundung der Stadt Görlitz, die mich jetzt schon begeistert durch ihre Schönheit, aber auch durch ihr südländisches Flair, was wohl auch am Wetter lag. Kurz darauf stand ich vor diesem Turm, dem Reichenbacher Turm, der bereits 1376 zum ersten Mal erwähnt wird. Er diente der Stadtbefestigung und hat eine sehr wechselvolle Geschichte erlebt. Der letzte Türmer hat noch im vergangenen Jahrhundert hier gelebt und natürlich werde ich ihn auch besteigen!
Vorher besuche ich aber noch die Ausstellung "via regia" in der Kaisertrutz, schräg gegenüber vom Reichenbacher Turm. Die Kaisertrutz aus dem 15. Jahrhundert war ebenfalls ein Teil der Stadtbefestigung und erhielt den Namen Kaisertrutz im Verlauf des Dreissigjährigen Krieges. Diese Ausstellung stellt unter verschiedenen Aspekten die Geschichte der via regia dar, eine der wichtigsten Handelsstrassen, die von Kiew über Krakau, Breslau und Görlitz bis nach Frankfurt am Main und Mainz verläuft.
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Die Kaisertrutz, in dem die via regia Ausstellung zu sehen ist. |
Danach geht es gut 160 Stufen hoch in den Reichenbacher Turm und von dort oben habe ich eine wunderbare Aussicht über Görlitz und das umliegende Land.
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Blick auf die Kaisertrutz von oben, im Hintergrund die Landeskrone (so wird dieser Berg bezeichnet) |
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Blick über den Obermarkt in Richtung Osten |
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Blick nach Südosten, im Hintergrund ist Zgorzelec zu sehen |
Nach dem Turmabstieg habe ich mir eine Latte Macchiato gegönnt und bin dann weitergegangen, u.a. auch am Frauenturm vorbei, der auch Dicker Turm heißt und ein wenig an den Weißen Turm in Darmstadt erinnert. Dieser Turm steht bereits seit 1305 und auf einem Relief sind Maria und Barbara zu sehen, die das Stadtwappen halten.
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Frauenturm oder auch Weißer Turm |
Dann bin ich weiter Richtung Neiße gegangen und über die Altstadtbrücke nach Zgorzelec und dort die schöne Flußpromenenade entlanggeschlendert.
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Auf der Neißebrücke Richtung Zgorzelec |
Vorbei am Jakob Böhme Haus und die Landschaft wird trotz der Stadtnähe immer urtümlicher.
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An der Neiße entlang Richtung Süden |
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Ich gehe bis zur nächsten Brücke, die Brücke Jan Pawel II, die wir morgen beim Marathon überqueren werden.
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Brücke Jan Pawel II |
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Naturnahe Flußlandschaft an der Neiße an der Uferpromenade |
Belohnt werde ich mit einem wunderschönen Sonnenuntergang, der die Wolken in die verschiedensten Rot- und Orangetöne taucht.
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Welch tolles Farbenspiel über den Dächern von Görlitz! |
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Und die Spiegelungen in der Neiße sind auch wunderschön! |
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Fast hätte ich vergessen, dass da ja noch ein Marathon war - natürlich mit Nudelparty am Vorabend auf dem Elisabethplatz und einem Funktionsshirt, das richtig toll aussieht (mit der deutschen und polnischen Flagge drauf, beide stilisiert, sehr nett). Unter dem Banner des Europamarathons habe ich mich dann von einem netten Engländer noch fotografieren lassen - Banner und T-Shirt passen doch gut zueinander, oder?
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Nach der Nudelparty am Vorabend des Europamarathons |
Der Marathon selber war dann - wie im Vorfeld schon klar wurde - eine Hitzeschlacht, die ich aber gut überstanden habe. Anfangs lief ich vor dem Besenwagen her, was mir aber völlig egal war, weil ich mein Tempo lief, das mir gut tat. Zuerst ging es kurz durch die Altstadt von Görlitz, eine Sambagruppe hat Dampf gemacht (super!), dann über die Brücke nach Zgorzelec, wo wir mit Blasmusik begrüsst wurden, als wir durch die Strassen liefen. Es gab einige, sehr freundlich applaudierende ZuschauerInnen und hier waren bereits sehr regelmässig Verpflegungsstationen aufgebaut mit vielen, vielen HelferInnen. Dziekuje bardzo! (das heisst vielen Dank)
Bis km 7,5 liefen wir auf einer Landstrasse Richtung Süden - wären wir weiter gelaufen, wären wir bald über die Grenze nach Tschechien gelaufen! Nach 7,5 km gab es eine Wende und es ging wieder zurück. Nach gut 13 km ging es dann wieder nach Görlitz und dann am Bahnhof vorbei in Richtung Vororte - eine Plattenbausiedlung und ein Industriegebiet, was aber gar nicht mal so hässlich war. Und überall, alle 2 bis 3 km gab es Verpflegung, überall freundliche HelferInnen, die mir die Becher persönlich überreichten. Klasse! Und gute Stimmung!
Dann ging es raus aus Görlitz und über die Dörfer und linkerhand hatten wir immer die Landeskrone im Blick. Die Strecke war wellig, keine sehr steilen Anstiege, aber immer ein stetiges Auf und Ab. Und die Sonne brannte schon ganz schön, so dass ich mir ständig Wasser über den Kopf goss. So ließ es sich gut laufen, natürlich nicht schnell, aber das muss ja auch nicht sein.
Einige Läufer haben der Hitze Tribut zollen müssen und stiegen aus, einem Mitläufer, der am Boden lag, habe ich geholfen, aber zum Glück war da schon ein Krankenwagen unterwegs. Ich hoffe, er hat sich wieder gut erholt!
Ca. 5 km vor dem Ziel sind wir wieder ins Stadtgebiet von Görlitz gelaufen, dort gab es auch nochmal ein bisschen Live-Musik von einer Trommelgruppe und einen fiesen Anstieg bei km 39 - den bin ich dann aber gegangen.Auf den letzten Kilometern begleitete mich ein Läufer aus Berlin, das war nett. Und dann tauchte auf einmal ein Radfahrer mit dem Schild "16. Frau" aus und meinte, er würde mich jetzt ins Ziel eskortieren. Witzig, als 16.! Naja, immerhin sind noch drei Frauen nach mir ins Ziel gekommen....
Im Ziel gabs dann eine hübsche Medaille mit blauem Europaband und eine Soforurkunde. Und danach habe ich mir erstmal eine ordentliche Wurst mit Senf gegönnt und dem Görlitzer Jugendblasorchester gelauscht!
Am Abend bin ich dann nochmal nach Zgorzelec gegangen, habe dort sehr gut gegessen und den sehr warmen Abend genossen.
Fazit: eine schöne Reise, mit der ich mir einen Wunsch erwünscht habe - und nach Görlitz würde ich gern nochmal reisen!
Wie toll, Fotos und ein Bericht, die Lust machen, vielleicht wäre das ja auch mal was für uns.....aber sooo warm!
AntwortenLöschenUnd ja, ich melde mich in Frankfurt an!
Küsse von der Bini
toll!!!
AntwortenLöschenHallo Marion,
AntwortenLöschenwie waren denn die Straßenverhältnisse in Görlitz 2011, viele Schlaglöcher/Unebenheiten/Stolpergefahren?
Herzlichen Gruß
Herbert S.
Hallo Herbert,
LöschenNein, Stolpergefahr gab es keine, die Strecke war gut zu laufen - und insgesamt war alles top organisiert!
Wenn du dort läufst wünsch ich dir viel Spass!
Viele Grüsse
Marion