Biel ist ein Mythos, das habe ich diesmal wieder gemerkt. Allerdings hat sich ja in diesem Jahr einiges geändert, weil das alte Start- und Zielgelände an der Eissporthalle nicht mehr genutzt werden kann.
Neuer Start, Neues Wettkampfzentrum
Alles sollte besser werden, der Start in die Innenstadt verlegt werden, das Wettkampfzentrum und das Ziel direkt an den Bieler See.
Das klang ja erst einmal ganz gut - aber als ich dann zum Expo-Gelände am Bieler See kam, standen da zwei Zelte und das war's. Alles ist viel enger geworden, es gibt nur noch Dixi-Klos und ein paar Bauwägen mit Duschen. Das war natürlich mit der Eissport- und Curlinghalle besser. Klar wurde da auch "mobil" geduscht, aber es war alles viel großzügiger.
Besonders witzig war der Bereich, in dem wir uns umgezogen haben. Wie früher auch schon, gab es einfach Bänke und das Gepäck hat man dort direkt stehen gelassen (also keine Gepäckaufbewahrung). Auch das wilde Durcheinander von Männlein und Weiblein wurde beibehalten, was ich aber völlig unproblematisch finde. Witzig war diesmal nur, dass auf dem Boden Rindenmulch aufgeschüttet war, so dass das Ganze ein bisschen Stall-Feeling erzeugte. Egal, aber blöd war, das es doch so eng war, dass man sich mit der Umzieherei ständig in die Quere kam. Aber wir sind ja Ultras und nehmen es locker.
Das Wetter: ultra-saumässig!
Das Wetter war vorhersagegemäss sehr apart - es schüttete aus Kübeln und das Wasser lief an einigen Stellen ins Zelt hinein.Aber gnädigerweise hörte es auf, als wir die ca. 1,5 km zum Start an der Kongresshalle in der Innenstadt gingen. Der Start war schön, es war eine gute Stimmung und mir gings richtig gut - es war sogar so warm, dass ich die Armlinge schnell auszog und in meine Rückentasche schob.
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In Biel kurz nach dem Start am Zentralplatz - nasse Strasse, gute Stimmung |
Der Regen ließ aber nicht lange auf sich warten und ging recht kräftig wieder los. Das fand ich aber überhaupt nicht schlimm, im Gegenteil, ich laufe sehr gern im Regen. Als dann die Feldwege kamen, tappten wir recht schnell durch Riesenpfützen und die Schuhe und Socken waren dann eigentlich auch komplett nass - was sie die nächsten Stunden dann auch blieben. Der Regen hörte dann aber so nach ca. 4 bis 5 Stunden auf, es regnete zeitweise leicht und erst so ab 8 Uhr ging es wieder los, teils auch sehr kräftig. Wind gab es auch, der war teils ein wenig unangenehm, aber nie so stark, dass ich ins Frieren kam. Ich hatte ja auch vorgesorgt, neben Armlingen hatte ich auch eine leichte Regenjacke dabei, die ich aber nicht gebraucht habe.
Das Lauferlebnis Biel
Die ersten Kilometer durch die Stadt waren ganz klasse, gute Stimmung an der Strecke trotz des feuchten Wetters und wie immer war ich ganz beglückt, hier laufen zu dürfen. Dann ging es raus aus Biel und hinein in die Nacht. Wie immer bin ich schon hier die Anstiege konsequent gegangen, um Körner zu sparen. Als dann der Regen kam und die Füsse komplett nass wurden, habe ich mir ein wenig Sorgen gemacht, ob das auch keine Probleme wie Blasen o.ä. geben würde. Aber Fehlanzeige - dank der wirklich genialen Wrightsocks habe ich auch nicht das kleinste Bläschen bekommen!
Ein bisschen lästig waren die vielen Nordic Walker an der Strecke, die teils oft unvermittelt ihre Stöcke hochhoben, was das ein oder andere abrupte Ausweichmanöver erforderte. Erstaunt war ich, dass nicht wie sonst die MarathonläuferInnen von hinten kamen - aber der Grund hierfür stellte sich ja dann heraus: die Armen waren fehlgeleitet worden und haben ihrer 7km-Schleife in der Bieler Innenstadt ausgelassen und waren folglich alle schon durch. Ärgerlich!
Mein Lauf durch den dichten Regen war sehr entspannt und es war zwar alles nass, aber noch war es recht warm. So habe ich an jeder Verpflegungsstation mindestens 3 Becher getrunken und von Anfang an gegessen (naja, ich bin halt auch gefrässig...). Die wunderschöne Holzbrücke bei Aarberg war schnell erreicht und hier war wieder eine Superstimmung, die mir jedesmal eine Gänsehaut bereitet.
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Auf der wunderschönen alten Holzbrücke in Aarberg - immer ein Stimmungsnest! Und trocken, weil überdacht... |
Bis Oberramsern bei km 38 regnete es ununterbrochen, erst danach hörte es auf. Den Streckenabschnitt bis Kirchberg habe ich sehr genossen, die Linden haben unglaublich intensiv geduftet, überall tropfte es und dann und wann waren die für Biel so typischen Kuhglocken zu hören. Ganz toll ist es immer wieder, durch die Dörfer zu laufen, in denen wetterbedingt dieses Jahr zwar nicht die Riesenstimmungsnester waren, aber doch immer ein paar Menschen da standen, die uns angefeuert haben. Der Himmel war zwar bewölkt, aber es war doch deutlich zu erkennen, das wir durch eine Vollmondnacht liefen - ein Schimmern war durch die großartigen Wolkenformationen zu erkennen, was mich richtig glückselig machte. Und dann kam er, der für mich jedesmal magische Moment: das erste Vogelzwitschern! Diesmal habe ich es recht spät gehört, es war so kurz vor vier Uhr und dann könnte ich jedesmal vor Glück heulen, das ist so ein tiefes Gefühl des Friedens und der Dankbarkeit, das mich dann erfüllt. Natürlich gab es diesmal keinen tollen Sonnenaufgang, aber das langsame Hellerwerden des Himmels und die verschiedenen Facetten des Graus, die der Himmel da hinzauberte, waren unglaublich schön. Der Einlauf dann nach Kirchberg bei km 56 ist wie immer ein ganz besonderes Erlebnis gewesen - ich habe dann immer das Gefühl, nach Hause zu kommen, kurz nachzuschauen, ob alles ok ist und dann gehts weiter. Weil ich so nass war, habe ich diesmal auf die Kaffeepause verzichtet, mich nur über den Verpflegungsstand hergemacht und die Köstlichkeiten genossen - und dann ging es Richtung Emmendamm.
Dort bin ich jedes Jahr aufs Neue erstaunt, das ich das Laufen dort toll finde - gerade weil es dort so hohe Konzentration erfordert, nicht zu fallen oder umzuknicken. Und es ist einfach wunderschön dort, ein bisschen wie eine Auenlandschaft, direkt am Wasser, die Bäume tropften vor sich hin und der Wald war voller Leben - Vogelgezwitscher, Rascheln, Knistern....das war sehr beglückend!
Und dann war der Emmendamm schon wieder zuende und fast habe ich es bedauert und mich bis zum nächsten Jahr verabschiedet - übers Brückchen und dann kam der Abschnitt bis nach Bibern bei Km 76, den ich auch sehr mag. Sanfte Hügel, zwischendrin Wald und mittlerweile ganz heller Tag - wenn auch jetzt wieder mit stetig stärker werdendem Regen.
Der Checkpoint Bibern ist schon von weitem zu sehen und auch der fulminante Anstieg, der uns danach erwartet und den ich deswegen so toll finde, weil man so weit ins Land schauen kann. Danach geht es abwärts mit Blick auf das Tal und dem Wissen, dass jetzt keine großen Anstiege mehr kommen. Bald erreichen wir den Flußweg, der uns diesmal bis ins Ziel begleiten wird - die letzten 11 km sind für mich auch Neuland.
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Bei Büren an der Aare - jetzt sind es nur noch rund 20 km |
Erst fand ich es schade, dass die letzten Kilometer verändert wurden, gerade weil ich sie in so intensiver Erinnerung von den letzten fünf Läufen in Biel habe - aber die Streckenänderung ist gut! Es wird immer schöner, links tut sich der Bieler See auf, Boote liegen vertäut, eine Entenfamilie begrüsst mich - bei schönem Wetter ist es vermutlich traumhaft hier zu laufen. Die letzten Meter gehts dann durch ein Wäldchen und der Zieleinlauf ist natürlich ganz toll - wie gehabt blauer Teppich und persönliche Begrüssung durch den Sprecher.
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Sieht doch ganz dynamisch aus, oder? |
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Der Schatten ist NICHT von der Sonne, sondern von Scheinwerfern... |
Dankbar nehme ich meine Medaille in Empfang und gehe nass und überall tropfend ins Zelt, um mich umzuziehen.Die HelferInnen haben wirklich einen ganz tollen Job gemacht, überall waren sie freundlich, obwohl es bestimmt ganz schön hart war, bei diesem Wetter stundenlang in der Nacht nasse LäuferInnen zu versorgen. Und dann hole ich mir noch meine Urkunde und das Finishershirt, das diesmal grün ist.
Es war mal wieder ein einmalig toller Lauf in Biel, diesmal mit viel Regen, aber wer das Glück wie ich hatte, sechsmal dort zu laufen und das Ziel zu erreichen, wird eben mit allen möglichen Wetterlagen umgehen dürfen. Im letzten Jahr fand ich es viel anstrengender, da war die Nacht tropisch warm und ich bin fast in jeden Brunnen hineingestiegen.
Was vom diesjährigen 100er in Biel bleibt? Dankbarkeit, Glück und die Vorfreude aufs nächste Jahr, wenn es mir denn vergönnt ist, dort wieder laufen zu dürfen.